Donnerstag, 24. Mai 2007

Christian Fürchtegott Gellert: Der Kuckuck

Leseprobe aus dem Buch "Adlerschrei und Zitronenfalter" (Gedichte über Tiere), herausgegeben von Doris Probst:

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Gellert

Christian Fürchtegott Gellert (1715–1769)

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Der Kuckuck sprach mit einem Star,
der aus der Stadt entflohen war.
„Was spricht man“, fing er an zu schrein,
„was spricht man in der Stadt von unsern Melodein?
Was spricht man von der Nachtigall?“
„Die ganze Stadt lobt ihre Lieder.“ –
„Und von der Lerche?“ rief er wieder.
„Die halbe Stadt lobt ihrer Stimme Schall.“
„Und von der Amsel?“ fuhr er fort.
„Auch diese lobt man hier und dort.“ –
„Ich muß dich doch noch etwas fragen“:
„Was“, rief er, „spricht man denn von mir,“
„Das“, sprach der Star, „das weiß ich nicht zu sagen;
denn keine Seele red’t von dir.“ –
„So will ich“, fuhr er fort, „mich an dem Undank rächen
und ewig von mir selber sprechen.“

Kuckuck

Stimme eines Kuckuck

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